D/A verliert letztes Heimspiel der Saison – und feiert rührenden Abschied vom Kapitän

Es hätte ein schöner Fußballnachmittag im Kehdinger Stadion werden können. Doch im letzten Heimspiel der Saison gegen den SSV Jeddeloh lieferte die SV Drochtersen/Assel einen spielerisch schwachen Auftritt ab. Nach der Partie wurde es emotional.

  •  (Letztes Update am 22. Mai 2022 um 21.55 Uhr: Stimmen, Statistik und weitere Bilder ergänzt.)

Dieser Abschied, sagte Lars Jagemann, fühle sich komisch an. Denn ein richtiger Abschied war das gar nicht. „Ich bin ja nicht aus der Welt.“ Und doch wird Jagemann nach dieser Saison nicht mehr das Regionalliga-Team der Spielvereinigung trainieren. Nach dem letzten Heimspiel am gestrigen Sonntag wurde er neben einigen Spielern verabschiedet.

Dass D/A nach einem wenig überzeugenden Auftritt gegen den Tabellennachbarn Jeddeloh verlor, war eher eine Randnotiz. Beide Mannschaften hatten am vorletzten Spieltag der Abstiegsrunde den Klassenerhalt bereits sicher. Und doch hätte Jagemann dem Spiel seiner Mannschaft sicherlich lieber einen anderen Stempel aufgedrückt als „spielerisch mangelhaft“.

Freibier zum Abschied

Nach der Partie saß die Mannschaft an Biertischen vor dem Vereinsheim, die Fans und Angehörigen dahinter. Es gab Freibier. D/A-Präsident Rigo Gooßen griff zum Mikrofon und verabschiedete seinen langjährigen Wegbegleiter, stellte aber auch klar, dass dieser Teil des Vereins bleiben werde. Es verwundert kaum.

Jagemann, 53, spielte mal kurz für seinen Heimatverein TV Wischhafen, ansonsten ist er seit 42 Jahren Spieler oder Trainer bei D/A, kümmert sich im Vorstand um die Mitgliederverwaltung. „Mein Herz wird weiter blau-rot schlagen“, sagte Jagemann am Ende seiner Rede, die er auf Papier notiert hatte.

Christian Rusch verletzt

Wie es weitergeht? „Erstmal chillen“, sagte Jagemann im Spaß. Ein neuer Trainerposten sei nicht angedacht. Die Mannschaften, die für ihn infrage kämen, seien gut besetzt. Aber Jagemann betont auch, dass er „Gewehr bei Fuß“ stehe, sollte er gebraucht werden. Die Wege sind jedenfalls kurz: Jagemann arbeitet als Steuerfachangestellter in der Kanzlei von D/A-Präsident Gooßen. „Wir sehen uns eh jeden Tag bei der Arbeit“, sagte Gooßen. Die beiden kennen sich seit rund 30 Jahren.

Vor der Verabschiedung war eigentlich alles bereitet für einen schönen Fußballnachmittag. Das Wetter stimmte, doch auf dem Rasen wurde den nur 472 Zuschauern zähe Kost geboten. Jagemann musste seine Mannschaft vor allem in der Defensive umbauen, weil beide Innenverteidiger fehlten. Und dann verletzte sich nach wenigen Minuten auch noch der eingesprungene Christian Rusch und wurde ausgewechselt.

D/A tat sich schwer im Spielaufbau, verlor viele Bälle und kreierte wenige gute Chancen. „Mir hat heute diese Gier auf Tore gefehlt“, sagte Jagemann. Erst in der Schlussphase der ersten Halbzeit kam D/A zu seinen besseren Möglichkeiten. Nach einer Kombination von Ashton Götz und Jasper Gooßen scheiterte Jorik Wulff aus kurzer Distanz am Torhüter (38.). Kurz vor der Pause sah es dann so aus, als ob Liam Giwah den Ball von der linken Seite ins Tor flanken wollte – im Stil von Ludovit Reis, dem HSV-Torschützen aus der Relegation. Der Ball prallte jedoch an die Latte.

Der vom früheren Bundesliga-Keeper Oliver Reck (unter anderem Bremen und Schalke) trainierte SSV Jeddeloh war nach der Pause auch nicht gefährlicher als D/A, dafür aber war der Gegner einmal wacher: Nach einer Behandlungspause in der 63. Minute befanden sich die Drochterser noch im Tiefschlaf, und so tauchte Ibrahim Temin nach einem langen Ball vor dem D/A-Tor auf und schoss platziert ins lange Eck. Keeper Patrick Siefkes streckte sich vergeblich.

Applaus für Oliver Ioannou

Zwanzig Minuten vor dem Spielende erhoben sich die Zuschauer von ihren Plätzen. Sie applaudierten. Oliver Ioannou umarmte Siefkes. Klatschte mit Daniel Owusu ab. Nahm seinen zweijährigen Sohn Theo am Spielfeldrand auf den Arm. Nach sieben Jahren hat Ioannou sein letztes Spiel für D/A im Kehdinger Stadion bestritten. „Es war Glück, dass ich von Anfang an spielen konnte“, sagte Ioannou. Bis vor kurzem hatte der 33-Jährige Corona.

Der Kapitän war so etwas wie die rechte Hand des Trainers, genoss viel Vertrauen in der Mannschaft. „Ich denke gerne zurück an eine tolle Zeit, an die Spiele im DFB-Pokal und all die Drittligisten, die wir geschlagen haben“, sagte Ioannou. Auch wenn D/A ihn gerne noch ein Jahr gehalten hätte, möchte er jetzt einen Schlussstrich ziehen, nicht mehr ständig zwischen Osnabrück und Drochtersen pendeln. Im Sommer wird Ioannou zum zweiten Mal Vater.

Drei weitere Spieler verabschiedet

Wie sein Trainer verabschiedete sich Ioannou mit einer souveränen Rede, die einige Fans und Präsident Gooßen rührte. Ioannou erinnerte an die Fans, die ihm an seinem ersten Tag in Drochtersen am Platz per Handschlag begrüßten, an den sportlichen Erfolg („Nie hatten wir etwas mit dem Abstieg zu tun“) und an die Verbundenheit zur Region. Sein Sohn wurde in Stade geboren, seine Frau heiratete er auf Krautsand.

Neben ihm wurden auch Finn Zeugner, Hassan El-Saleh, Niklas Golke und laut Ankündigung eigentlich auch Felix Niebergall verabschiedet. Doch Niebergall hatte kurzfristig um ein Jahr verlängert. Teammanager Sören Behrmann: „Wir haben uns am Wochenende noch mal zusammengesetzt und sind überzeugt, dass Felix gut in unser neues Spielsystem passen wird.“

Die Statistik

  • Tor: 0:1 (63.) Temin
  • D/A: Siefkes, Kodabakhshian (85. Dehde), Wulff, Elfers, J. Gooßen (66. Niebergall), Götz, Sattler (89. El-Saleh), Ioannou (71. Steffens), Geißen, Giwah, Rusch (14. Owusu)
  • SSV: Bergmann, Ziga, Otto, von Aschwege, Temin, Minns, Chiarodia, Quarshie (61. Bennert), Durmishi (46. Augé, 90.+2 David), Falldorf (61. Samide), Ghassan (67. Schaffer)
  • Schiedsrichter: Adrian Höhns – Assistenten: Jarno Wienefeld und Björn Friedsch
  • Zuschauer: 472
  • Nächstes Spiel: Oberneuland – D/A (So., 29. Mai, 14 Uhr)

(Quelle: Stader Tageblatt)