Bayern-Fanclub aus Kehdingen geht leer aus

DROCHTERSEN. Die Kehdinger Jungs vom FC Bayern Fanclub Rot-Weisses Herz haben für den DFB-Pokalkracher SV Drochtersen/Assel gegen den FC Bayern München keine Tickets bekommen. Malte Bösch, Vorsitzender des Fanclubs, geht kuriose Wege, um das Spiel trotzdem zu sehen.
Malte Bösch kam nach der Auslosung des DFB-Pokals gar nicht mehr aus dem Grinsen raus. Der FC Bayern München kommt nach Kehdingen. Sein FC Bayern München. Seit die Bayern vor 32 Jahren gegen eine Kehdinger Auswahl spielten, ist Bösch glühender Anhänger der Münchener. Das Spiel gewann die Kehdinger Auswahl damals sensationell mit 5:3. „Ich versuche seit 20 Jahren, ein Rückspiel zu organisieren. Ich schreibe immer, dass es auch im Interesse des FC Bayern ist, die Bilanz gegen eine Kreisligamannschaft auszugleichen“, sagt der 39-Jährige scherzend.Bösch ist Mitglied im FC Bayern Fanclub Rot-Weisses Herz. Der Fanclub wurde 2014 in Bremervörde gegründet. Schnell beschloss Bösch aber, dass ein Fanclub in Bremervörde nicht das Richtige für ihn sei. „Ich brauche einen Kehdinger Fanclub“, sagte er und so wurde die Sparte „Kehdinger Jungs“ innerhalb des Rot-Weissen Herzens geschaffen. „Ein Fanclub soll ja regional bleiben und nicht in Timbuktu.“ Das Rot-Weisse Herz gehört dem Regionalverband Nord an und hat somit größere Chance auf Karten für Spiele des FC Bayern. Ein Fanclub kann mit etwas Glück pro Bayernspiel bis zu acht Karten bekommen, außerdem werden zu jedem Spiel größere, separate Kontingente vergeben.

In der ersten Reihe bei der Meisterfeier

Die Kehdinger Jungs sind für das Pokalspiel von D/A gegen Bayern leer ausgegangen. Bösch wird trotzdem dabei sein. Mit seiner D/A-Dauerkarte hatte er bereits zwei Tickets gekauft, die aber seine Frau und sein Sohn bekamen. Also wurde er kreativ: Der Vorsitzende der Kehdinger Jungs wird die Fan-Schals zum DFB-Pokalspiel im Block der Münchener verkaufen. Für Bösch wird das DFB-Pokalspiel eine ganz besondere Partie. Nicht nur, weil der FC Bayern in Kehdingen spielt. Sondern weil er erstmals ein Auswärtsspiel des Rekordmeisters erleben wird. Die Kehdinger Jungs fahren kaum zu den Auswärtsspielen der Bayern, stattdessen besuchen sie etwa dreimal pro Jahr in die Allianz Arena. 2015 sind sie mit 50 Mann zur Übergabe der Meisterschale dort hingefahren. Bösch schaffte es am Folgetag bei der Meisterfeier auf dem Marienplatz sogar in die erste Reihe. „Ich stand da seit neun Uhr morgens. Ich bekomme immer noch Gänsehaut, wenn ich daran denke.“ Und trotzdem wäre sein Traum ein Champions League Spiel der Bayern in England zu erleben.

Sein Highlight in München? Das Champions League Viertelfinale 2001 gegen Real Madrid. Das sei mit Abstand das beste Spiel gewesen, das er je besucht hat. „Eigentlich ist mir der Gegner egal, ich will einfach nur hin und im Idealfall guten Fußball sehen“, ergänzt Bösch. Er schätze die Atmosphäre in München. Der Paulaner Fantreff in der Allianz Arena sei ein absolutes Highlight. „Da ist der Ballermann nichts gegen.“ Aber vor allem sei das „Mia san Mia“ und die Gastfreundlichkeit in der ganzen Stadt spürbar. München kreiere bei den Kehdinger Jungs einfach ein Wohlfühlgefühl. „Das ist wie nach Hause kommen“, schwärmt Bösch.

Dass der Bayern-Fanclub im Norden eher ein Außenseiter ist, weiß Bösch. „Erfolgsfan“ sei das, was sich Bayernfans am häufigsten anhören müssen. „Aber mir ist das egal. Wenn jemand mit guten Argumenten kommt, dann diskutiere ich auch gerne mit ihm darüber“, sagt Bösch, der nie wirklichen Streit oder Ärger wegen seiner Vereinszugehörigkeit hatte.

Zu diesem Thema hat er allerdings eine besondere Anekdote aus dem Jahr 2012 zu erzählen. Bösch hatte einen schweren Autounfall. „Es war alles auf Null. Ich konnte mich nicht mal an den Namen meines Sohnes erinnern.“ Freunde und Nachbarn versuchten dies als Chance zu nutzen, ihn „umzupolen“. Sie tauschten seine Bayernflagge im Garten gegen eine HSV-Fahne. „Glücklicherweise war ich relativ schnell wieder normal und habe auch zügig dafür gesorgt, dass die Fahne da wieder wegkommt.“ Heute kann er darüber lachen, es hat ja nicht geklappt. Schließlich steht für ihn fest: „Ich lebe diesen Verein und stehe absolut zum FC Bayern.“.

Northern Reds

Der harte Kern der Northern Reds ist bereits seit über 30 Jahren bei Bayernspielen unterwegs. „Aus einer Bierlaune heraus haben wir dann gesagt, wir gründen einen Fanclub“, erinnert sich Stephan Holdt, der Vorsitzende der Northern Reds. Die meisten Mitglieder schlossen die Bayern mit der 74er Mannschaft um Beckenbauer, Müller und Hoeneß ins Herz. Über die vergangenen 30 Jahre haben die Reds ein riesiges Netzwerk aus anderen FCB-Fanclubs aufgebaut.

Von Norddeutschland bis runter nach Bayern. „Über unsere Kontakte kommen wir auch an Karten, wenn wir mal leer ausgehen“, sagt Holdt. So geschehen für das Pokalspiel von D/A gegen die Bayern. Die Reds hamsterten sich über Netzwerk ungefähr 30 Karten zusammen. Zum Pokalspiel werden sie schon über vier Stunden vor Anpfiff in drei Taxibussen zum Spiel im Kehdinger Stadion anreisen. „Dass Drochtersen den FC Bayern gezogen hat, ist ein absolutes Highlight. Einfach genial.“ Eine Aussage mit Wert, denn Highlights haben Holdt und Co. zur Genüge erlebt.

Im Old Trafford in Manchester oder nach Madrid in Bernabéu Stadion – es gibt kaum ein großes Stadion, in dem die Northern Reds noch nicht waren.„Wir sind schon so lange mit dem FC Bayern unterwegs, wir haben fast alles gesehen“, so Holdt. Daher seien es vor allem die exotischen Spielorte, die sie inzwischen reizen. Städte und Stadien, die sie noch nicht mehrfach besucht haben. Nach München fahren die Reds eher selten. „Ein oder zwei mal im Jahr besuchen wir auch ein Heimspiel“, sagt Holdt.

Nordmänner

Die Nordmänner sind ein relativ kleiner Fanclub, wie Lars Koch, stellvertretender Vorsitzender der Nordmänner, selbst sagt. Der Stader Fanclub wurde 2014 gegründet und zählt 25 Mitglieder. Eine Fahrt nach München scheiterte bei den Nordmännern bislang daran, gemeinsame Termine zu finden oder überhaupt an Karten zu kommen. Einzelne Fanclubmitglieder seien allerdings schon in der Allianz Arena gewesen. So blieb es bei gemeinsamen Fahrten bislang nur bei Auswärtsspielen. „Wir versuchen, im Norden eigentlich alles an Bayernspielen mitzunehmen“, sagt Koch.

In Bremen waren die Nordmänner, deren Kern aus Hagener Bayernfans besteht, am häufigsten. Für den Pokalkracher vor der eigenen Haustür haben sie acht Tickets bekommen. Während das D/A-Spiel für die Bayern ein Auswärtsspiel ist, freuen sich die Nordmänner auf ihr Heimspiel und darauf, dass ihre Fahne im Kehdinger Stadion zu sehen sein wird.

Das Verständnis anderer Fußballfans sei nicht all zu groß, wenn sie erzählen, dass sie im Norden Anhänger des FC Bayern sind. Koch selbst hat ganz klassisch seinem großen Bruder nachgeeifert. „Natürlich kann man sagen, es ist leicht, Bayernfan zu sein. Aber jeder hat hier seine eigene Geschichte, warum er Bayernfan ist.“

Quelle: Stader Tageblatt