Der Regionalligist SV Drochtersen/Assel hat einen möglichen Auswärtssieg gegen den Hamburger SV II verschenkt. D/A hätte 4:1 gewinnen müssen. Die Erkenntnis nach dem schwachen Saisonstart und den vergangenen vier Wochen bleibt aber. Warum D/A wieder Spaß macht.
D/A-Trainer Enrico Maaßen rauft sich in diesem Spiel mehrfach die Haare oder schlägt wahlweise seine Hände vor das Gesicht. Er hadert an der Seitenlinie damit, wie seine Spieler mit ihren hochkarätigen Chancen umgehen. Noch vor einigen Wochen erspielte sich der Regionalligist zu wenige Möglichkeiten, zwei bis drei pro Partie. Die Torausbeute war entsprechend. Gegen den HSV II sieht Maaßen das vierte „Spiel mit Power-Fußball“ in Serie. Und er sieht Chancen, die einst für vier Spiele gereicht hätten. Alexander Neumann verwertete bei seinem Tor dabei noch die am wenigsten aussichtsreiche.
Die erste Chance vergibt Florian Nagel in der 13. Minute per Kopf, der Nachschuss von Kevin Krottke geht daneben. Ein Heber von Nagel nach einer halben Stunde fliegt knapp am Tor vorbei. In der 35. Minute belohnt sich die Spielvereinigung für ihr permanentes Anrennen, für dieses Offensivpressing, das in Liga vier zum ganz großen Kino gehört. Nach einem Freistoß von der rechten Seite durch Oliver Ioannou steigt Neumann am langen Pfosten am höchsten und köpft den Ball ins lange Eck.
Den einzigen echten Patzer in der Drochterser Defensive nutzt zwei Minuten später der HSV. Außenverteidiger Meikel Klee verschätzt sich bei einem Antritt von Rafael Brand auf der linken Hamburger Seite. Brands Flanke von der Eckfahne und das Tor des im Zentrum freistehenden Gian-Luca Waldschmidt sind dann kaum noch zu verteidigen. Das 1:1 kommt überraschend. Waldschmidt ist neben Gideon Jung, der am Vortag noch einige Minute in der Bundesliga gegen Borussia Mönchengladbach auflaufen durfte, und Bakery Jatta einer von drei HSV-Profis. Der Hamburger Trainer Dirk Kunert ist froh, dass er die drei gegen Drochtersen dabei hat. Vor allem Jungs Aktionen im Mittelfeld haben Hand und Fuß.
Direkt nach dem Seitenwechsel muss HSV-Schlussmann Andreas Hirzel einen Schuss von Neumann entschärfen. Nach 52 Minuten bringt D/A-Stürmer Kevin Krottke seinen Trainer zur Verzweiflung. Der Querpass von Nagel kommt punktgenau, Krottkes Abschluss pariert Hirzel. Vier Minuten später lenkt der HSV-Torwart einen Rechtsschuss Krottkes an den Pfosten. Ein Freistoß von Oliver Ioannou landet in der Schlussphase an der Latte, ein Schlenzer von Nico Mau in der Nachspielzeit ebenso.
Als der insgesamt schwache Schiedsrichter Theodor Potiyenko nach 92 Minuten abpfeift, ärgern sich die Drochterser Spieler maßlos. Sie trotten vom Rasen, als hätten sie soeben haushoch verloren. Bei Trainer Enrico Maaßen weicht nach längerem Nachdenken die Traurigkeit über den verpassten Sieg der Glückseligkeit. „Wenn ich mir anschaue, mit welcher Freude und Intensität meine Spieler Fußball spielen, bin ich einfach nur glücklich“, wird er später sagen.
Er, Maaßen, der Tüftler, der Taktikfuchs, das Improvisationstalent. In den vergangenen Wochen und Monaten erreichte ihn eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Mittlerweile steht die Anzahl der nicht einsatzfähigen Spieler bei neun. Dennoch überrascht er seit vier Wochen die Gegner mit der Spielweise seiner Mannschaft. Selbst HSV-Coach Dirk Kunert hatte D/A am Sonntag nicht so offensiv erwartet. Gegen D/A spielen, so Kunert, hieße gegen eine lebhafte, schnelle, physisch starke und kompakte Mannschaft spielen. Sehr unangenehm nennen D/A-Gegner das gemeinhin.
Jeder Drochterser könne auf taktisch hohem Niveau mindestens auf zwei bis drei verschiedenen Positionen spielen, sagt Maaßen. Die endlosen Trainingseinheiten vor der Taktiktafel zahlten sich aus. „Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass jeder weiß, was er zu tun hat. Egal wo er spielt“, sagt der Trainer. Das Spiel gegen den HSV wird als Muster in seine Analysen eingehen. „Fast alles war perfekt“, so Maaßen. Nur, dass Drochtersen vier oder fünf Tore zu wenig geschossen hat.
Die Statistik
Tore: 0:1 (35.) Neumann, 1:1 (37.) Waldschmidt.
HSV II: Hirzel, Ronstadt, Carolus, Oschkenat, Brand, Jung, Porath, Janjicic (84. Küc), Daouri (69. Knöll), Jatta, Waldschmidt.
SV D/A: Siefkes, Klee, Mau, Zöpfgen, Rogowski, Elfers, Krottke (82. Gierke), Ioannou, Winkelmann, Nagel, Alexander Neumann.
Zuschauer: 550
Nächstes Spiel: SV D/A –SV Eichede (So., 23. Oktober, 15 Uhr).
Quelle: www.tageblatt.de